Die Vortragsreihe zum Thema „Älter werden wir alle“ beschäftigte sich bisher mit den
Einschränkungen des Alters, insbesondere mit den Problemen, die dementiell Erkrankte und ihre
Angehörigen zu lösen haben. Am letzten Abend der Reihe sprach Prof. Dr. Wilfried Härle, der von
Pfarrer Norbert Feick in der Ev. Kirche sehr herzlich begrüßt wurde, zum Thema
„In Würde
leben bis zum Ende“.
Die Zuhörenden erfuhren, dass der Begriff Menschenwürde als
„dignitas humana“ schon 1 Jh. vor Christus bei Cicero, einem stoischen Philosophen,
auftauchte. Man verbinde mit der Menschenwürde zunächst den Status von Menschen mit einer
bestimmten Stellung, einer Bedeutung für die Gesellschaft, Denkern und Erfindern, Wohltätern der
Menschheit usw., jedoch haben nicht nur die herausragenden Persönlichkeiten eine Würde, sie sei
jedem Menschen zu eigen, auch denen, die schuldig geworden oder gescheitert seien, die versagt
haben oder die körperlich oder intellektuell behindert seien.
Die Bibel definiere die
„Gottebenbildlichkeit“ (1.Mose 1,27 und Psalm 8,6) für alle Menschen, während in der
ägyptischen Religion die Würde nur dem Pharao galt.
Heute werde die Würde des Menschen
zwar durch das Grundgesetz geschützt, jedoch sei dort nicht dargelegt, was der Begriff bedeute.
Eine Kommission aus evangelischen und katholischen Theologen habe sich deshalb mit der
Definition beschäftigt und sei zu folgenden Ergebnissen gelangt:
Menschenwürde sei das
Anrecht jedes Menschen auf Achtung.
Das beinhalte die Erkenntnis, dass die Existenz
eines jeden Menschen einen Sinn, einen Wert hat. Ein wichtiger Teil der Würde sei das Recht auf
Selbstbestimmung, ebenso die Wahrung der Intimität eines Menschen und die Teilhabe an der
Rechtsgemeinschaft aller.
Die Menschenwürde werde geachtet dadurch, dass die
Demenzforschung dazu anleitet, eine Brücke des Verstehens in die Welt der Demenzkranken zu
bauen, durch die Zugewandtheit der Pflegenden in Heimen oder Privathaushalten, durch
seelsorgerliche, geistliche Begleitung bis zum Lebensende, durch Bekannte und Freunde, die die
pflegenden Angehörigen entlasten, aber auch durch die Familienangehörigen, die bereit sind
Belastungen zu ertragen, dann aber den Mut finden ihre Patienten einer Pflegeeinrichtung
anzuvertrauen, wenn es zu Hause nicht mehr geht.
Demenz könne uns auch etwas lehren, so
Prof. Härle. Er bezog sich dabei auf die Geschichte von Jesus, zu dem Mütter mit kleinen Kindern
kamen. Die Jünger wollten ihnen den Zutritt verweigern, aber Jesus sagt: Lasst die Kinder zu mir
kommen und hindert sie nicht daran, denn Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes.
Und noch
weiter: Wenn ihr euch nicht beschenken lasst wie die Kinder, werdet ihr nicht in das Himmelreich
kommen.
Kinder seien ein Vorbild dafür, wie wir Gottes Nähe erfahren. Kinder seien Meister im
Empfangen. Demente sollen den Kindern nicht gleichgesetzt werden, denn sie hätten mit dem
gelebten Leben einen anderen Status. Aber sie seien in ihrer Verhaltensform ähnlich: sie können
sich beschenken lassen.
Demenz könne zeigen, dass wir nicht aus unserer Leistung leben
(müssen), sondern aus dem leben dürfen, was uns geschenkt wird, so der Referent. Dies belegte er
mit Worten aus der Bibel:
Am Lebensende sagt Gott: Kommt wieder, Menschenkinder. (Psalm
90,3).
Oder in Psalm 73,23: Du nimmst mich am Ende mit Ehren an.
Professor Härle war
eigens für diesen Vortrag zurückgekommen in die Stadt, in der er fünf Jahre lang lebte, bevor er
vor zehn Jahren wieder in seine schwäbische Heimat zurückkehrte. Diakon Dieter Klement dankte
ihm für seine Ausführungen im Namen beider Gemeinden mit einem Weinpräsent.
Bürgermeister
Eberhard Petri überreichte in seiner Eigenschaft als Kuratoriumsmitglied der Sparkassenstiftung
zusammen mit Filialleiter Willi Heckmann einen Scheck an die beiden Geistlichen. Die
Stiftung förderte die Veranstaltungsreihe mit einem bestimmten Betrag pro Besucher, allerdings
maximal 2.000 Euro. Durch die zahlreichen Teilnehmer aller Vortragsabende wurde diese Vorgabe
jedoch mehr als erfüllt.
Diakon Klement dankte in diesem Sinne allen für die Beteiligung an
der Vortragsreihe, die den Auftakt bildete für weitere Planungen und Aktivitäten zum Thema
„Demenz“.
Monika Völlmer