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Evangelische Kirchengemeinde Neckarsteinach und Katholische Pfarrgruppe Neckartal

Rückblick und Diskussion...

An dieser Stelle werden wir Ihnen nach jeder Veranstaltung einen kleinen Rückblick geben. Außerdem werden Sie die Möglichkeit haben, eigene Beiträge zum jeweiligen Termin zu hinterlassen. Klicken Sie einfach unten rechts auf "Kommentare" um die Beiträge einzusehen.

 

Termin 1 - Geistig fit in jedem Alter


Tanzen ist eines der besten Vorbeugemittel gegen die Alters-Demenz, denn es macht Spaß, schafft Bewegung und erfordert Kopfarbeit, weil man auf den Takt achten muss. Ein bisschen überspitzt, aber durchaus ernst gemeint war dieser Ratschlag von Prof. Dr. med. Johannes Pantel, Inhaber der Stiftungsprofessur Gerontopsychiatrie der Frankfurter Goethe-Universität, der in der katholischen Kirche einen sehr gut besuchten Power-Point-Vortrag zum Thema „Geistig fit in jedem Alter“ hielt. Es war der erste Vortrag einer Veranstaltungsreihe unter dem Motto „Älter werden wir alle“, die gemeinsam von der katholischen und der evangelischen Kirchengemeinde organisiert  und von der Sparkassen-Stiftung Heppenheim gesponsert wird.

Bezugnehmend auf sein Ratgeber-Buch „Geistig fit in jedem Alter“ machte Prof. Pantel zunächst klar, dass es keine Pillen, Medikamente oder anderes gebe, was die Krankheit Demenz oder Alzheimer verhindere. Der Königsweg sei die Vorbeugung, durch die man den Beginn der Erkrankung um einige Jahre verschieben könne. Schon eine Verzögerung von zwei Jahren brächte, volkswirtschaftlich gesehen, eine Ersparnis von fünf Millionen Euro pro Jahr.

Nach langjährigen Gruppenstudien könne man jetzt aber gewisse Faktoren benennen, die möglicherweise eine vorbeugende Wirkung gegen Demenz aufweisen. Als sogenannte „Aktiva-Methode“ bezeichnet, beruhe diese auf drei Säulen: Geistige Aktivität, Bewegung und Ernährung. Für den ersten Faktor spiele der Bildungsfaktor eine Rolle, doch sei es nie zu spät, auch noch im Alter dazu zu lernen; wichtig sei die kognitive Stimulation zum Beispiel durch Lesen oder Hörbücher. Bei der körperlichen Aktivität beginne die Schutzwirkung gegen Demenz bei mindestens drei mal 30 Minuten Bewegung innerhalb einer Woche, und besondere Bedeutung käme der Ernährung zu, bei der die sogenannte Mittelmeerkost – also viel frisches Obst und Gemüse, ungesättigte Fettsäuren, Fisch und helles Fleisch und ein wenig Alkohol – sich als besonders günstig herausgestellt habe. Eine Absage erteilte er allen Multivitamin- oder Gingko-Präparaten und auch der Fernseh-Konsum sei Gift fürs Gehirn. 

Der katholische Diakon Dieter Klement und die Vorsitzende des evangelischen Kirchenvorstands, Dr. Gabriele Hauer, bedankten sich für den interessanten Vortrag und wiesen auf die weiteren Termine dieser Veranstaltungsreihe hin: 15. September, 6. Oktober und 16. November.

Elisabeth Hinz
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Termin 2 - Familienplanung: Meine Eltern werden älter


Die Referentin des Abends, Beate Braner-Möhl, stv. Leiterin des Diakonischen Werkes Odenwald und Leiterin der Fachstelle Demenz, erklärte in ihrem Vortrag, wie wichtig es ist, rechtzeitig Maschen im sozialen Netz zu knüpfen, die später im Bedarfsfall halten. Sie zeigte auf, dass Familienplanung nicht nur im jüngeren Lebensalter interessant ist, sondern dass auch das Alter geplant werden will und kann.

Eine kleine Statistik führte in das Thema ein: In Hessen sind 187.000 Menschen pflegebedürftig, von denen drei Viertel zu Hause versorgt werden. 1,1 Millionen Menschen sind dement, von ihnen werden zwei Drittel daheim von Angehörigen betreut. Somit kann man die Angehörigen als den größten Pflegedienst bezeichnen.
Jedoch kommt es auch zu Belastungssituationen bei der häuslichen Pflege. Es entstehen Konfliktfelder wie die Angst der Pflegenden vor Jobverlust, denn die Mehrfachbelastung von Pflege und Beruf ist beachtlich, und oft erkranken pflegende Angehörige an Depressionen, Rückenleiden, Sucht oder Burn Out.

Es sei wichtig, schon früh in der Familie zu besprechen, was später einmal werden soll, so die Referentin. Wer sich rechtzeitig um eine umfassende Vorsorgevollmacht kümmert, kann selbst wählen, wer später einmal bei Bedarf für die gesetzliche Betreuung  zuständig ist. Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, selbst wichtige Entscheidungen zu treffen, wird durch einen Bevollmächtigten vertreten, der in den Bereichen Gesundheitssorge, Finanzen oder Bestimmung des Aufenthaltsortes für den Patienten entscheidet. Also ist es sinnvoll, sich seinen Betreuer noch in gesunden Tagen auszuwählen und mit ihm alles zu besprechen, was später einmal von Bedeutung sein könnte:
Wie habe ich gelebt? Welche Werte (Lebensweise, Überzeugungen, religiöse Inhalte usw.) sind mir wichtig? Was kann ich in der Pflege oder im Umfeld vertragen oder nicht vertragen? Wen möchte ich in der Familie oder von den Freunden um Hilfe bitten? All das sind Fragen, die geklärt werden sollten, so lange jemand dazu noch in der Lage ist.

Frau Braner-Möhl berichtete, wie sie in der Fachstelle Demenz den Betroffenen und Angehörigen Hilfen geben kann: durch Beratung, Netzwerkarbeit, Sensibilisierung der Gesellschaft für diese Themen, Lobbyarbeit für die Betroffenen und Förderung des bürgerschaftlichen Engagements.

Zu ihren Aufgaben gehören Beratung und Information genauso, wie Angehörigenschulung, Angebote von Selbsthilfegruppen, wohnortnahe Entlastung der Angehörigen, Pflegebegleitung oder auch Gewinnung, Qualifizierung und Begleitung von freiwillig Engagierten. Sie koordiniert verschiedene Projekte mit dem Ziel einer Strukturveränderung zur Qualitätsverbesserung und Effizienzsteigerung in der Versorgung demenzkranker Menschen.

Nach einer Fragerunde mit der Referentin, in der noch einige Punkte besonders beleuchtet wurden, dankte ihr Anneliese Denner vom kath. Kirchengemeinderat mit einem Blumenarrangement für den informativen Vortrag, nachdem Rosi Schindelbeck vom ev. Kirchenvorstand die Begrüßung übernommen hatte und dabei auch der Sparkassenstiftung dankte, die durch ihre finanzielle Zuwendung die Verwirklichung des Projekts „Älter werden wir alle“ ermöglichte.

Monika Völlmer
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Termin 3 - Nicht dem Leben mehr Tage, sondern den Tagen mehr Leben


Zu diesem Thema sprach Pfarrer Reinhold Hoffmann im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Älter werden wir alle“ in der Kath. Kirche.

Wie können wir unseren Tagen, unserer Lebenszeit, mehr „Leben“ geben? Bei der  Beantwortung dieser Frage helfen drei andere Fragen, die das Leben prägen:
Woher komme ich? Wer bin ich? Wohin gehe ich?
Die ersten beiden Fragen gelten Erziehung, Eltern und Freunden und unserer aktuellen Einstellung zum Leben in all seinen Facetten, unseren Gaben und Fähigkeiten.
Die dritte Frage beschäftigt sich mit unserer Verantwortung in Familie und Beruf, für Freunde und auch gegenüber Gott: Wie kann ich der Mensch werden, als der ich von Gott gemeint bin?

Die Hospizbewegung berücksichtigt in ihrer Arbeit diesen Lebenshintergrund der Betreuten. Sie begleitet Menschen auf ihrem Weg und stärkt sie, das eigene Leben weiter zu leben. Auch auf der letzten Wegstrecke sollen die Werte eines Menschen geachtet werden.

Oft geht es auch darum, einem Sterbenden letzte Wünsche zu erfüllen. Diese sollen in jedem Fall ernst genommen werden - auch wenn sie nicht immer erfüllbar sind. Angehörige spüren oft ein Versagen, wenn ein Wunsch nicht erfüllt werden kann, weil die Befindlichkeit des Betreuten die Erfüllung des Wunsches nicht zulässt. Dabei geht es Sterbenden oft nur darum, sich an schöne Situationen zu erinnern und den Angehörigen davon zu erzählen, Erinnerungen zu teilen und sich darin geborgen zu fühlen. Wenn jemand  lieber nicht über seine Wünsche spricht, um Angehörige nicht zu überfordern, können Hospizmitarbeiterinnen helfen, mit einander ins Gespräch zu kommen.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die Schmerzfreiheit, die zwar keine absolute Schmerzfreiheit sein kann, aber wenigstens ein Zustand, in dem die verbleibenden Schmerzen erträglich sind, ohne dass ein Mensch mit dämpfenden Medikamenten behandelt wird und in einen Dämmerzustand verfällt.
Auch in der letzten Lebensphase möchte man geliebt werden und sein Leben in Eigenverantwortung gestalten. Die Palliativmedizin kann dazu beitragen, mit wenig Schmerzen und bei klarem Bewusstsein zu leben.

Viele Menschen haben den Wunsch, zu Hause sterben und ihren Abschied gestalten zu dürfen. Auch wenn es in den eigenen vier Wänden nicht möglich ist, weil die Wohnsituation es nicht erlaubt, kann eine vertraute Umgebung hergestellt werden: Gerüche, Geräusche, der Geschmack des Essens, Musik, Bilder, Bücher, Fernsehsendungen, sogar das gewohnte Waschmittel, all diese Dinge tragen dazu bei, dass jemand sich in einem Hospiz oder einem Pflegeheim wohlfühlen kann.
In guten Pflegeheimen werden die Angehörigen nach diesen Gewohnheiten des neuen Bewohners gefragt, damit er sein jetziges Umfeld als Zuhause begreifen kann.

Durch den medizinischen Fortschritt dürfen wir heute erwarten, alt zu werden. Das kann aber auch bedeuten, dass wir eine lange Krankheitsphase dafür in Kauf nehmen müssen. In vielen Familien kümmern sich dann die Angehörigen um die Pflege. Bei Überforderung entstehen oft Ungeduld, Ärger, Schuldgefühle. Hier ist es wichtig, Gespräche anzubieten und auch die Erfahrung von Beichte und Vergebung erlebbar zu machen, so der Seelsorger Reinhold Hoffmann.

Pflegende Partner werden selbst auch schwächer, brechen oft ihre sozialen Kontakte ab, werden einsam und bleiben alleine zurück. Hospizmitarbeiterinnen bieten pflegenden Angehörigen eine Pause, die sie für sich nutzen dürfen: entspannen,  für sich selbst sorgen, es sich gut gehen lassen.
„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ – das heißt auch, dass wir uns selbst etwas Gutes tun dürfen, damit wir danach wieder die Kraft haben, unserem Angehörigen beizustehen.
Oft wird die Hospizgruppe nicht in Anspruch genommen, weil sie gedanklich zu sehr mit dem Sterben in Verbindung gebracht wird. Das muss aber nicht so sein. Eine Besserung des Zustandes ist ja durchaus möglich. Die Hospizmitarbeiterinnen seien keine „Todesengel“, sondern eher „Lebensengel“, die es auch möglich machen, Leben miteinander zu feiern, so der Referent, der damit bei den Anwesenden für die Hospizbewegung warb.

Nachdem Diakon Dieter Klement von der Kath. Kirchengemeinde den Abend mit seiner Begrüßung eröffnet hatte, war es der neue evangelische Pfarrer Norbert Feick, der sich den Anwesenden zunächst selbst vorstellte und dann Pfarrer Reinhold Hoffmann für seinen Vortrag herzlich dankte.

Kontakt: Hospizgruppe Südlicher Odenwald,
Telefon 06275 – 91 20 49,
E-Mail: info@hospizgruppe-odw-sued,de;
Internet: www.hospizgruppe-odw-sued.de
Das Angebot der Begleitung ist kostenfrei und finanziert sich aus Spenden.
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Termin 4 - In Würde leben bis zum Ende

Die Vortragsreihe zum Thema „Älter werden wir alle“ beschäftigte sich bisher mit den Einschränkungen des Alters, insbesondere mit den Problemen, die dementiell Erkrankte und ihre Angehörigen zu lösen haben. Am letzten Abend der Reihe sprach Prof. Dr. Wilfried Härle, der von Pfarrer Norbert Feick in der Ev. Kirche sehr herzlich begrüßt wurde, zum Thema
„In Würde leben bis zum Ende“.

Die Zuhörenden erfuhren, dass der Begriff Menschenwürde als „dignitas humana“ schon 1 Jh. vor Christus bei Cicero, einem stoischen Philosophen, auftauchte. Man verbinde mit der Menschenwürde  zunächst den Status von Menschen mit einer bestimmten Stellung, einer Bedeutung für die Gesellschaft, Denkern und Erfindern, Wohltätern der Menschheit usw., jedoch haben nicht nur die herausragenden Persönlichkeiten eine Würde, sie sei jedem Menschen zu eigen, auch denen, die schuldig geworden oder gescheitert seien, die versagt haben oder die körperlich oder intellektuell behindert seien.
Die Bibel definiere die „Gottebenbildlichkeit“ (1.Mose 1,27 und Psalm 8,6) für alle Menschen, während in der ägyptischen Religion die Würde nur dem Pharao galt.

Heute werde die Würde des Menschen zwar durch das Grundgesetz geschützt, jedoch sei dort nicht dargelegt, was der Begriff bedeute. Eine Kommission aus evangelischen und katholischen Theologen habe sich deshalb mit der Definition beschäftigt und sei zu folgenden Ergebnissen gelangt:

Menschenwürde sei das Anrecht jedes Menschen auf Achtung.
Das  beinhalte die Erkenntnis, dass die Existenz eines jeden Menschen einen Sinn, einen Wert hat. Ein wichtiger Teil der Würde sei das Recht auf Selbstbestimmung, ebenso die Wahrung der Intimität eines Menschen und die Teilhabe an der Rechtsgemeinschaft aller.

Die Menschenwürde werde geachtet dadurch, dass die Demenzforschung dazu anleitet, eine Brücke des Verstehens in die Welt der Demenzkranken zu bauen, durch die Zugewandtheit der Pflegenden in Heimen oder Privathaushalten, durch seelsorgerliche, geistliche Begleitung bis zum Lebensende, durch Bekannte und Freunde, die die pflegenden Angehörigen entlasten, aber auch durch die Familienangehörigen, die bereit sind Belastungen zu ertragen, dann aber den Mut finden ihre Patienten einer Pflegeeinrichtung anzuvertrauen, wenn es zu Hause nicht mehr geht.

Demenz könne uns auch etwas lehren, so Prof. Härle. Er bezog sich dabei auf die Geschichte von Jesus, zu dem Mütter mit kleinen Kindern kamen. Die Jünger wollten ihnen den Zutritt verweigern, aber Jesus sagt: Lasst die Kinder zu mir kommen und hindert sie nicht daran, denn Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes.
Und noch weiter: Wenn ihr euch nicht beschenken lasst wie die Kinder, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.
Kinder seien ein Vorbild dafür, wie wir Gottes Nähe erfahren. Kinder seien Meister im Empfangen. Demente sollen den Kindern nicht gleichgesetzt werden, denn sie hätten mit dem gelebten Leben einen anderen Status. Aber sie seien in ihrer Verhaltensform ähnlich: sie können sich beschenken lassen.

Demenz könne zeigen, dass wir nicht aus unserer Leistung leben (müssen), sondern aus dem leben dürfen, was uns geschenkt wird, so der Referent. Dies belegte er mit Worten aus der Bibel:
Am Lebensende sagt Gott: Kommt wieder, Menschenkinder. (Psalm 90,3).
Oder in Psalm 73,23: Du nimmst mich am Ende mit Ehren an.

Professor Härle war eigens für diesen Vortrag zurückgekommen in die Stadt, in der er fünf Jahre lang lebte, bevor er vor zehn Jahren wieder in seine schwäbische Heimat zurückkehrte. Diakon Dieter Klement dankte ihm für seine Ausführungen im Namen beider Gemeinden mit einem Weinpräsent.

Bürgermeister Eberhard Petri überreichte in seiner Eigenschaft als Kuratoriumsmitglied der Sparkassenstiftung zusammen mit Filialleiter Willi Heckmann einen Scheck an die beiden Geistlichen.  Die Stiftung förderte die Veranstaltungsreihe mit einem bestimmten Betrag pro Besucher, allerdings maximal 2.000 Euro. Durch die zahlreichen Teilnehmer aller Vortragsabende wurde diese Vorgabe jedoch mehr als erfüllt.
Diakon Klement dankte in diesem Sinne allen für die Beteiligung an der Vortragsreihe, die den Auftakt bildete für weitere Planungen und Aktivitäten zum Thema „Demenz“.

Monika Völlmer

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